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Recht

Urteile und Beschlüsse

Beschluss Berufsbezeichnung HP für Psychotherapie

NIEDERSÄCHSISCHES
OBERVERWALTUNGSGERICHT

 

Az.: 8 LA 71/10 1 A 16/09

BESCHLUSS

ln der Verwaltungsrechtssache

des Herrn XXX

Klägers und
Zulassungsantragstellers,

Proz.-Bev.: Rechtsanwälte Dr. Zeller und andere,
Hauptmarkt 16, 90403 Nürnberg, - 757/08 -

gegen

die Stadt Salzgitter,
vertreten durch den Oberbürgermeister,
Joachim-Campe-Straße 6-8, 38226 Salzgitter, - 30 13 32-2952 -

Beklagte und
Zulassungsantragsgegnerin,

Streitgegenstand: Berufsbezeichnung
- Antrag auf Zulassung der Berufung -

hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 8. Senat - am 7. Februar 2011 beschlossen:

Auf den Antrag des Klägers wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig -1. Kammer - vom 18. Februar 2010 zugelassen, soweit die Klage abgewiesen worden ist.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung Vorbehalten.

Gründe

Der unter anderem auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig -1. Kammer - vom 18. Februar 2010 zuzulassen, soweit damit seine Klage auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 17. Dezember 2008 abgewiesen worden ist, hat Erfolg. Aus den vom Kläger dargelegten Gründen bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des die Klage abweisenden Urteils. Dieses erweist sich voraussichtlich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2008 abgewiesen, soweit damit dem Kläger aufgegeben wird, auf seiner Internetseite www.kinesiologie-sz.de und damit verlinkten Seiten sämtliche Berufsbezeichnungen als "Heilpraktiker für Psychotherapie" zu entfernen. Diese Untersagungsverfügung sei rechtmäßig. Sie finde ihre Rechtsgrundlage in § 11 Nds. SOG i.V.m. § 1 Abs. 3 HeilprG, wonach notwendige Maßnahmen zur Verhinderung gegenwärtiger oder zukünftiger Gesetzesverstöße durch die Ausübung der Heilkunde unter einer unzulässigen Berufsbezeichnung getroffen werden könnten. Die hier vom Kläger verwendete Berufsbezeichnung "Heilpraktiker für Psychotherapie" sei unzulässig und verstoße gegen § 1 Abs. 3 HeilPrG. Denn sie mache nicht hinreichend deutlich, dass dem Kläger nur eine auf das Gebiet der Psychotherapie beschränkte Heilpraktikererlaubnis erteilt worden sei. Sie deute vielmehr wahrheitswidrig darauf hin, dass der Kläger auch die allgemeine Heilpraktikererlaubnis innehabe und auf das Gebiet der Psychotherapie nur spezialisiert sei.

Diese Feststellungen begegnen erheblichen Richtigkeitszweifeln.

Es erscheint bereits zweifelhaft, ob das Führen einer unzulässigen Berufsbezeichnung stets auf der Grundlage des § 11 Nds. SOG untersagt werden kann. Der Senat hat in seiner auch vom Verwaltungsgericht herangezogenen Entscheidung vom 20. Juli 2006 (- 8 LC 185/04 juris Rn. 22) lediglich ausgeführt, dass weder das Heilpraktikergesetz selbst noch die dazu ergangenen Durchführungsverordnungen eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Untersagungsverfügung im Falle einer unzulässigen Heilkundeausübung enthalten und zur Verhinderung von gegenwärtigen oder zukünftigen Gesetzesverstößen durch die Ausübung der Heilkunde ohne entsprechende Erlaubnis eine Untersagungsverfügung auf die gefahrenabwehrrechtliche Generalklausel gestützt werden kann (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 11.11.1993 - 3 C 45.91 -, BVerwGE 94, 269, 278; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 28.4.2006 - 13 A 2495/03 -, juris Rn. 15). Ein solcher Fall einer unzulässigen Heilkundeausübung und eines sich daraus ergebenden Gesetzesverstoßes liegt hier indes nicht vor. Der Kläger ist Inhaber einer von der Beklagten am 11. März 1996 erteilten "Erlaubnis ..., die Heilkunde ohne Bestallung beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie auszuüben". Dass der Kläger eine heilkundliche Betätigung über den Rahmen dieser Erlaubnis hinaus ausübt oder auch nur anbietet, wird von dem Verwaltungsgericht und der Beklagten nicht angenommen. Hierfür bestehen derzeit auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte.

Die für eine auf § 11 Nds. SOG gestützte Untersagungsverfügung erforderliche Gefahr müsste sich mithin schon aus der bloßen Verwendung der Bezeichnung "Heilpraktiker für Psychotherapie" ergeben. Dies ist voraussichtlich zu verneinen. Denn gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger verstoße durch die Verwendung der Bezeichnung "Heilpraktiker für Psychotherapie" gegen § 1 Abs. 3 Halbsatz 2 HeilprG, bestehen aus der Sicht des Senats erhebliche Bedenken.

Es ist schon fraglich, ob durch die Verwendung einer anderen als der in § 1 Abs. 3 Halbsatz 2 HeilprG enthaltenen Bezeichnung ("Heilpraktiker") überhaupt gegen diese Bestimmung verstoßen werden kann. Denn § 1 Abs. 3 Halbsatz 2 HeilprG enthält kein Verbot, abweichende Berufsbezeichnungen zu führen, sondern lediglich ein an die Inhaber einer unbeschränkten Heilpraktikererlaubnis gerichtetes Gebot, die Bezeichnung "Heilpraktiker" zu führen. Die Titelführungsvorschrift des § 1 Abs. 3 Halbsatz 2 HeilprG konzentriert sich bei verfassungskonformer Auslegung also auf den Personenkreis der Heilpraktiker ohne spezielle heilkundliche Berufsausbildung mit unbeschränkter Heiipraktikererlaubnis. Einen sachlichen Grund, die Berufsbezeichnung ohne Ausnahme auf das gesamte Berufsfeld der nicht approbierten Heilbehandler anzuwenden, gibt es nicht (so BVerfG, Beschl. v. 10.5.1988 - 1 BvR 482/84 u.a. NJW 1988, 2290, 2291; BVerwG, Urt. v. 21.1.1993 - 3 C 34.90 - NJW 1993, 2395, 2396).

Selbst wenn gegen § 1 Abs. 3 Halbsatz 2 HeiiprG durch die Verwendung einer anderen als der dort enthaltenen Bezeichnung verstoßen werden könnte, ist zweifelhaft, ob ein solcher Verstoß hier vorliegt.

Der Verstoß dürfte nicht schon darin liegen, dass der Kläger als Inhaber einer nur beschränkten Heilpraktikererlaubnis überhaupt die Berufsbezeichnung "Heilpraktiker" mit einem ergänzenden Zusatz verwendet. Das in § 1 Abs. 3 Halbsatz 2 HeiiprG enthaltene Titelführungsgebot konzentriert sich, wie ausgeführt, zwar auf den Personenkreis der Heilpraktiker ohne spezielle heilkundliche Berufsausbildung mit uneingeschränkter Heilpraktikererlaubnis. Die Bestimmung enthält nach ihrem Wortlaut aber kein dem gegenüberstehendes Titelführungsverbot gleichen Umfangs, das die Bezeichnung "Heilpraktiker" auch als Bestandteil einer anderen Berufsbezeichnung nur von Inhabern der unbeschränkten Heilpraktikererlaubnis geführt werden darf. Dieser Schluss kann auch nicht aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Januar 1993 (- 3 C 34.90 -, NJW 1993, 2395, 2396: "In bezug auf diesen Kreis, dem die Ausübung der allgemeinen Heilkunde gar nicht gestattet ist, ist die Bezeichnung "Heilpraktiker" nicht angemessen, sondern sachwidrig und damit irreführend. ... Der Zwang, die Berufsbezeichnung "Heilpraktiker" zu führen, wäre für diesen Kreis unverhältnismäßig belastend.") gezogen werden, denn dieses hat ausschließlich die Grenzen des Titelführungsgebotes nach § 1 Abs. 3 Halbsatz 2 HeiiprG bestimmt.

Wollte man in jeder sachwidrigen und damit irreführenden Verwendung der Bezeichnung "Heilpraktiker" einen Verstoß gegen § 1 Abs. 3 Halbsatz 2 HeilPrG - und nicht nur eine wettbewerbsrechtlich nach §§ 3, 5 UWG relevante und daher auf dem Zivilrechtsweg zu verfolgende Handlung - sehen, wäre zweifelhaft, ob die vom Kläger verwendete Bezeichnung "Heilpraktiker für Psychotherapie" eine solche Irreführung bewirkt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der hierzu berufene Gesetzgeber für Inhaber einer auf das Gebiet der Psychotherapie beschränkten Heilpraktikererlaubnis eine geschützte Berufsbezeichnung nicht bestimmt hat. Inhaber einer solchen beschränkten Heilpraktikererlaubnis müssen sich vielmehr - insbesondere im Spannungsfeld zwischen dem "Heilpraktiker" (§ 1 Abs. 3 Satz 2 HeilPrG) als Inhaber der uneingeschränkten Heilpraktikererlaubnis und dem approbierten "Psychologischen Psychotherapeuten" (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PsychThG) - selbst für eine im Rechts- und Geschäftsverkehr zu verwendende Bezeichnung der von ihnen ausgeübten Tätigkeit entscheiden. Dies bedingt, dass es nicht nur eine richtige Bezeichnung für die von ihnen ausgeübte Tätigkeit gibt und die Erlaubnisinhaber auch nicht an Empfehlungen der Verwaltung für als geeignet erachtete Bezeichnungen gebunden sind (vgl. Protokoll der 22. Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden vom 20./21.11.2008, Bl. 118 Beiakte B: "Heilpraktiker/in beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie"; Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, Richtlinie zur Durchführung des Verfahrens zur Erteilung einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz, Nds. MBI. 2007, S. 253, dort Nr.

8.2;" "Heilpraktikerin beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie " bzw. "Heilpraktiker beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie"). Der Rechts- und Geschäftsverkehr muss sich vielmehr auf verschiedene, unter Umständen auch zahlreiche verschiedene (zulässige) Bezeichnungen einsiellen.

Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Bezeichnung "Heilpraktiker für Psychotherapie" sei geeignet, im Rechts- und Geschäftsverkehr den irreführenden Eindruck zu erwecken, der die Bezeichnung Verwendende verfüge über eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis und nur eine zusätzliche Qualifikation im Bereich der Psychotherapie und er sei daher ein "Heilpraktiker (auch) für Psychotherapie", nicht zwingend. Die verwendete Bezeichnung kann vielmehr genauso den Eindruck erwecken, es handele sich um einen "Heilpraktiker (nur) für Psychotherapie", dem nur eine auf das Gebiet der Psychotherapie beschränkte Heilpraktikererlaubnis erteilt worden ist.

Auch der vom Verwaltungsgericht gezogene Vergleich der vom Kläger verwendeten Bezeichnung "Heilpraktiker für Psychotherapie" mit den Bezeichnungen "Fachanwalt für..." oder "Facharzt für..." überzeugt nicht. Letztere Bezeichnungen nehmen offensichtlich nicht nur die Bezeichnung des ausgeübten Berufs als "Rechtsanwalt" (vgl. § 12 Abs. 4 BRAO) oder "Arzt" (vgl. § 2 Abs. 5 BÄO) auf und ergänzen diese um einen bloßen, die zusätzlich erworbene Qualifikation verdeutlichenden Zusatz. Vielmehr modifizieren sie schon die grundlegende Berufsbezeichnung und schaffen für die Bezeichnung der zusätzlichen Qualifikation eine neue, neben der die grundlegende Berufsbezeichnung unverändert bestehen bleibt. Es heißt eben nicht "Rechtsanwalt für...", sondern ("Rechtsanwalt" und) "Fachanwalt für..." (vgl. § 43c Abs. 1 BRAO), und - abgesehen von den Zusatzbezeichnungen nach §§ 1 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2, 4 Abs. 3 WBO ÄKN - auch nicht "Arzt für...", sondern "Arzt" und "Facharzt für..." (vgl. §§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nds. HKG §§ 3 ff. WBO ÄKN). Wer als Arzt eine (Teil-)Gebietsbezeichnung führt, darf nach § 36 Abs. 2 Nds. HKG zudem grundsätzlich nur in dem entsprechenden (Teil-)Gebiet tätig sein.

Gegen eine Irreführung durch die Verwendung der Bezeichnung "Heilpraktiker für Psychotherapie" spricht auch, dass Inhabern einer Erlaubnis, die Heilkunde ohne Bestallung beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie auszuüben, die Verwendung der Bezeichnung "Heilpraktiker für Psychotherapie" oder nahezu gleicher Bezeichnungen von Aufsichtsbehörden ausdrücklich empfohlen worden ist (vgl. Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen Rheinland-Pfalz, Schreiben v. Mai 2008, Bl. 32 Beiakte E ("Heilpraktiker - Psychotherapie"); Regierungspräsidium Darmstadt, Schreiben v. 3.2.2009 - II 24 18 L 8/03-1/09 -, Bl. 109 Beiakte B ("Heilpraktiker für Psychotherapie"); Stadt Krefeld v. 5.9.2006, BI. 50 Beiakte D ("Heilpraktiker (Psychotherapie)"); Stadt Dortmund v. 12.5.2006, Bl. 49 Beiakte D ("Heilpraktikerin (Psychotherapie)"); vgl. im Übrigen die Zusammenfassung im Protokoll der 22. Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden vom 20./21.11.2008, Bl. 116 Beiakte B). Auch in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung ist eine Irreführung im Sinne des § 5 UWG wiederholt verneint worden (vgl. OLG Koblenz, Besohl, v. 3.4.2007 - 4 U 115/07 -, Bl. 161 Beiakte D; LG Oldenburg (Oldenburg), Urt. v. 23.10.2008 - 15 O 1295/08 -, juris Rn. 15; LG Mainz, Urt. v. 7.12.2006 - 12 HK.O 110/06 -, Bl. 74 Beiakte D).

Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass das angefochtene Urteil aus anderen Gründen zumindest im Ergebnis richtig ist. Insbesondere verstößt die Verwendung der Bezeichnung "Heilpraktiker für Psychotherapie" nicht gegen das Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (Heilmittelwerbegesetz) - HWG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3068), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. April 2006 (BGBl. I S. 984).

Der Anwendungsbereich des HWG ist bereits nicht eröffnet. Nach § 1 Abs. 1 HWG findet das Gesetz "Anwendung auf die Werbung für 1. Arzneimittel im Sinne des § 2 des Arzneimittelgesetzes, 1a. Medizinprodukte im Sinne des § 3 des Medizinproduktegesetzes, oder 2. andere Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände, soweit sich die Werbeaussage auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bei Mensch oder Tier bezieht, sowie operative plastisch-chirurgische Eingriffe, soweit sich die Werbeaussage auf die Veränderung des menschlichen Körpers ohne medizinische Notwendigkeit bezieht." Die Voraussetzungen des hier allein in Betracht zu ziehenden § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG sind bei der bloßen Verwendung der Bezeichnung "Heilpraktiker für Psychotherapie", selbst wenn diese als unzulässig angesehen werden sollte, nicht erfüllt. Denn diese Bezeichnung benennt schon keine konkreten Mittel, Verfahren, Behandlungen oder Gegenstände, die gesundheitlichen Zwecken dienen sollen. Die gewählte Bezeichnung dient, wenn sie überhaupt Werbezwecke verfolgt, allenfalls der allgemeinen Imagewerbung. Einbezogen in den Geltungsbereich des HWG ist aber nur die produktbezogene Werbung (Produkt- und Absatzwerbung), nicht hingegen die allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens- und Imagewerbung), die ohne Bezugnahme auf bestimmte Verfahren und Behandlungen für Ansehen und Leistungsfähigkeit des Unternehmens allgemein wirbt (vgl. BGH, Urt. v. 31.10.2002 -1 ZR 60/00 -, juris Rn. 45; Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Aufl., § 1 Rn. 18).

Das Zulassungsverfahren wird als Berufungsverfahren unter dem neuen Aktenzeichen

8 LB 27 /11

fortgeführt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO).

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht, Uelzener Straße 40, 21335 Lüneburg, oder Postfach 2371, 21313 Lüneburg, einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig (§ 124a Abs. 3 Sätze 3 bis 5 und Abs. 6 VwGO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Dr. Weichbrodt      Dr. van Nieuwland       Muhsmann

 

 

Ausgefertigt

Lüneburg, den 08. Februar 2011

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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Urteil Bundesverwaltungsgericht Beihilfesätze

Urteil des 2. Senats vom 12. November 2009 - BVerwG 2 C 61.08
I. VG Köln vom 21.02.2007 - Az.: VG 3 K 2045/06 Köln -
II. OVG Münster vom 14.05.2008 - Az.: OVG 1 A 1088/07 –
 
bundesadler
 

 

BVerwG 2 C 61.08 OVG 1 A 1088/07

Verkündet
am 12. November 2009
Schütz
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache

 

hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Groepper,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister und Dr. Maidowski
für Recht erkannt:

 

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts
für das Land Nordrhein-Westfalen
vom 14. Mai 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen,
dass die Beklagte über den Beihilfeantrag des Klägers unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts
erneut zu entscheiden hat.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

 

G r ü n d e :

I

1

Der Kläger ist beihilfeberechtigter Versorgungsempfänger. Im November 2005 beantragte er Beihilfe zu den Aufwendungen für die Behandlung durch einen Heilpraktiker.
Die Beklagte erkannte lediglich einen Teilbetrag als beihilfefähig an, wobei sie bei den einzelnen Positionen jeweils nur den Mindestsatz des im April 1985 veröffentlichten Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker und nur falls niedriger den Schwellenwert nach der Gebührenordnung für Ärzte zugrunde legte. Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet und zur Begründung ausgeführt:


2

Die übergangsweise noch anwendbaren Beihilfevorschriften sähen eine Begrenzung der Höhe beihilfefähiger Heilpraktikerleistungen vor, die zumindest teilweise gegen höherrangiges Recht verstoße. Soweit der Dienstherr im Wege statischer Verweisung seit langem unverändert an den Mindestsatz des Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker aus dem Jahr 1985 anknüpfe, werde er seiner Fürsorgepflicht nicht gerecht.
Zwar stehe dem Dienstherrn bei der Konkretisierung der Fürsorgepflicht ein weiter Gestaltungsspielraum zu, doch dürfe dieser Gestaltungsspielraum nicht mit inhaltlicher Beliebigkeit verwechselt werden. Belange wie Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Verwaltungsvereinfachung müssten sich stets am Fürsorgegrundsatz messen lassen und seien mit ihm abzuwägen. Im Ergebnis dürfe die Fürsorge, auch soweit ihr verfassungsrechtlich geschützter Kern noch nicht betroffen sei, nicht unverhältnismäßig und mit unzumutbaren Folgen hintangestellt werden.


3

Diesen Anforderungen werde § 5 Abs. 1 Satz 3 BhV nicht in vollem Umfang gerecht.
Die Angemessenheit werde darin auf den Mindestsatz des im April 1985 geltenden Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker ohne ersichtliche Ausnahmemöglichkeit und ohne jede Anpassung an die allgemeine Preisentwicklung begrenzt. Für ärztliche Leistungen sei anerkannt, dass die Beihilfe nach den tatsächlich entstehenden Kosten zu bemessen sei. Zwar möge es bei Heilpraktikern Gründe geben, von diesem Grundsatz abzuweichen. Doch müssten auch bei ihnen im Grundsatz die zivilrechtlich fehlerfrei abgerechneten Kosten, die der Beamte realistischerweise aufwenden müsse, um die Behandlung tatsächlich zu erlangen, Ausgangspunkt der Bewertung der Angemessenheit bleiben. Es spreche nichts dafür, dass Heilpraktikerleistungen im Jahr 2005 üblicherweise noch zu den Mindestbedingungen des Jahres 1985 zu erlangen gewesen seien. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Gebührenverzeichnis kein normatives Regelungswerk sei, das auf einem Gestaltungs- und Abwägungsvorgang beruhe, sondern eine auf der Grundlage von Umfragen rein empirisch gewonnene Datensammlung.
Deshalb verbiete sich die Annahme, dass der Mindestbetrag in realistischer Weise auch nur die durchschnittliche Vergütung erfasse. Überdies sei die nach den Vorschriften maßgebliche Untergrenze inzwischen völlig veraltet. Indem der Dienstherr auch 20 Jahre danach noch hieran festhalte, verfehle er den tatsächlichen Gebührenrahmen und gehe von einem realitätsfernen Ansatz aus. Irgendwelche Belange des Dienstherrn, die diese Begrenzung rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich.
Problematisch im Hinblick auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn sei ferner, dass die maßgebliche Regelung keine Abweichungsmöglichkeit für besonders schwierige oder zeitaufwendige Verfahren eröffne. Denn wenn der Heilpraktiker rechtlich in der Lage sei, solche Gesichtspunkte bei der Gebührenhöhe zu berücksichtigen, müsse auch der Dienstherr dies abwägend in Rechnung stellen. Vor diesem Hintergrund sei die Begrenzung der Beihilfefähigkeit auf den Mindestbetrag nach dem Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker unanwendbar. Bei der Neubescheidung des Klägers werde die Beklagte zu prüfen haben, ob die mit dem Beihilfeantrag geltend gemachten Aufwendungen bei vergleichbaren Leistungen über dem Schwellenwert der Gebührenordnung für Ärzte lägen; in diesem Falle stehe der Beklagten auch unterhalb dieser Grenze noch ein Spielraum zu, die Aufwendungen als nicht mehr angemessen einzustufen und für die Beihilfe von einem entsprechend niedrigeren Betrag auszugehen.


4

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt.


5

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2008 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 21. Februar 2007 zurückzuweisen.


6

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II
 

7

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat sie zu Recht verpflichtet, über den Beihilfeantrag des Klägers erneut zu entscheiden.


8

Rechtsgrundlage für den Beihilfeanspruch des Klägers ist § 5 Abs. 1 der bis zum Inkrafttreten der Beihilfeverordnung des Bundes übergangsweise weiterhin anwendbaren Beihilfevorschriften (BhV) in der Fassung der 28. Änderungsverwaltungsvorschrift vom 30. Januar 2004 (GMBl S. 379, vgl. Urteile vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 24.07 - Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126 und vom 26. August 2009 - BVerwG 2 C 62.08 - zur Veröffentlichung bestimmt). Danach sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig, der Höhe nach angemessen sind und die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 BhV sind aus Anlass einer Krankheit die Aufwendungen für Leistungen eines Heilpraktikers beihilfefähig. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 BhV sind Aufwendungen für Leistungen eines Heilpraktikers angemessen bis zur Höhe des Mindestsatzes des im April 1985 geltenden Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker, jedoch höchstens bis zum Schwellenwert des Gebührenrahmens der Gebührenordnung für Ärzte bei vergleichbaren Leistungen.


9

Die Begrenzung der Angemessenheit der Aufwendungen auf die Höhe des Mindestsatzes des im April 1985 geltenden Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker ist mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar und daher unwirksam.


10

Der Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es dem Normgeber aber frei, aufgrund autonomer Wertungen Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleichoder Ungleichbehandlung anknüpft. Dabei hat er grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum, wenn die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, d.h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal, sondern an Lebenssachverhalte anknüpft oder von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen abhängt (vgl. zum Ganzen Urteil vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 mit
Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; vgl. auch Urteil vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 16.06 - Buchholz 237.3 § 71b BrLBG Nr. 1).


11

Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten „Mischsystem“ aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist der allgemeine Gleichheitssatz dann verletzt, wenn eine bestimmte Regelung die im Beihilfensystem angelegte Sachgesetzlichkeit ohne zureichenden Grund verlässt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 1992 - 1 BvL 29/87 - BVerfGE 85, 238 ). Durch Leistungseinschränkungen und Leistungsausschlüsse darf sich der Vorschriftengeber innerhalb des geltenden Beihilfensystems nicht zu seiner grundsätzlichen Entscheidung in Widerspruch setzen, Beihilfe zu gewähren, soweit sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BhV). Da es sich bei der Begrenzung der Beihilfefähigkeit durch Leistungsausschlüsse und Leistungsbeschränkungen um eine Einschränkung dieses Grundsatzes handelt, bedarf ein Ausschluss oder eine Begrenzung in materieller Hinsicht einer inneren, den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG standhaltenden Rechtfertigung und in formeller Hinsicht einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage (vgl. Urteile vom 18. Februar 2009 – BverwG 2 C 23.08 - IÖD 2009, 174 und vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 28.08 -NVwZ-RR 2009, 730).


12

Der Begriff der Angemessenheit ist für das Beihilferecht nicht allgemein definiert, sondern lediglich für einzelne Fallgruppen konkretisiert. Er erschließt sich aus der Verpflichtung des Dienstherrn, anlassbezogen Beihilfe im Rahmen des medizinisch Gebotenen zu gewähren (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009 - BVerwG 2 C 129.07 - NVwZ-RR 2009, 609). So beurteilt sich die Angemessenheit bei der Behandlung durch Ärzte ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der maßgebenden ärztlichen Gebührenordnung.
Für die Entscheidung, ob nach den Maßstäben des Beihilferechts Aufwendungen für ärztliche Leistungen angemessen sind, ist die Auslegung des ärztlichen Gebührenrechts durch die Zivilgerichte maßgebend (vgl. Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 34.03 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 15 und vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 19.06 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 18). Ist der Beamte vom Zivilgericht rechtskräftig zur Begleichung der Honorarforderung eines Arztes verurteilt worden, ist die Vergütung regelmäßig angemessen im Sinne des Beihilferechts (Urteil vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 30.03 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 16). Ist eine Entscheidung im ordentlichen Rechtsweg nicht ergangen, hat der Dienstherr zu prüfen, ob die vom Arzt geltend gemachten Ansprüche nach materiellem Recht begründet sind (Urteil vom 20. März 2008 a.a.O.). Aufwendungen für ärztliche oder zahnärztliche Leistungen, deren Berechnung auf einer zweifelhaften Auslegung der einschlägigen Gebührenordnung beruht, sind beihilferechtlich schon dann als angemessen anzusehen, wenn der vom Arzt u.a. in Rechnung gestellte Betrag bei objektiver Betrachtung einer zumindest vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entspricht und der beihilfepflichtige Dienstherr nicht für rechtzeitige Klarheit über seine Auslegung gesorgt hat (vgl. Urteile vom 17. Februar 1994 - BVerwG 2 C 10.92 - BVerwGE 95, 117 und - BVerwG 2 C 25.92 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 6; vom 21. September 1995 - BVerwG 2 C 37.94 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 11 und vom 30. Mai 1996 - BVerwG 2 C 10.95 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 12).


13

Hat der Dienstherr in Anwendung des geltenden Beihilferechts die Frage der Notwendigkeit einer Behandlung (oder eines Arzneimittels usw.) rechtmäßig verneint, sind Aufwendungen selbst dann nicht beihilfefähig, wenn die aufgewandten Kosten angemessen sind (vgl. Urteil vom 28. Mai 2008 – BverwG 2 C 24.07 - Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126). Wird die Frage der Notwendigkeit dagegen bejaht, hat der Beamte im Grundsatz Anspruch auf Beihilfe. Auch wenn eine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheitsfällen nicht geboten ist (vgl. Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94 m.w.N.), muss eine medizinisch gebotene Leistung für den Beamten auch tatsächlich finanziell zugänglich sein.


14

Sofern die medizinischen Voraussetzungen vorliegen, ist nach den Beihilfevorschriften auch die Behandlung durch Heilpraktiker als notwendig anzusehen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 BhV). Mit dieser Entscheidung unvereinbar ist eine Begrenzung der Beihilfefähigkeit auf den Mindestsatz des im April 1985 geltenden Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker. Für diese in § 5 Abs. 1 Satz 3 BhV vorgesehene Begrenzung fehlt es an einer inneren Rechtfertigung. Die Regelung begrenzt die Beihilfe zu den dem Beamten entstandenen Aufwendungen in einer Weise, die mit der grundsätzlichen Entscheidung, Leistungen von Heilpraktikern als beihilfefähig anzuerkennen, in Widerspruch steht. Die Festlegung der Angemessenheit findet dort ihre Grenze, wo die grundsätzliche Entscheidung des Dienstherrn konterkariert wird, auch zu Aufwendungen für Leistungen der Heilpraktiker Beihilfe zu leisten.


15

Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, auch bei Heilpraktikern müssten im Grundsatz die zivilrechtlich fehlerfrei abgerechneten Kosten, die der Beamte realistischerweise aufzuwenden habe, um die Behandlung tatsächlich zu erlangen, Ausgangspunkt der Bewertung der Angemessenheit bleiben. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts spricht nichts dafür, dass Heilpraktikerleistungen im Jahr 2005 üblicherweise noch zu den Mindestbedingungen des Jahres 1985 zu erlangen gewesen waren. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Gebührenverzeichnis kein normatives Regelungswerk sei, das auf einem Gestaltungs- und Abwägungsvorgang beruhe, sondern eine auf der Grundlage von Umfragen rein empirisch gewonnene Datensammlung.
Deshalb verbiete sich die Annahme, dass der Mindestbetrag in realistischer Weise auch nur die durchschnittliche Vergütung erfasse. Die Beklagte greift diese Feststellungen und Wertungen nicht an, sondern begründet die Regelung letztlich damit, Behandlungen durch Heilpraktiker seien eigentlich nicht notwendig, weil eine ausreichende medizinische Versorgung der Beamten bereits durch ärztliche Leistungen sichergestellt sei. Eine so begründete Begrenzung der Angemessenheit auf einen Betrag, zu dem Leistungen eines Heilpraktikers praktisch nicht angeboten werden, ist von Überlegungen geleitet, die zu § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BhV im Widerspruch stehen.
Die Begrenzung schließt - was die Beklagte sogar einräumt und als Lenkungsziel und beabsichtigten Steuerungseffekt bezeichnet - die Heilpraktiker von der Behandlung erkrankter Beamter und ihrer berücksichtigungsfähigen Angehörigen de facto aus.


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Will der Dienstherr auch für Heilpraktikerleistungen die Angemessenheit festlegen, so hat er mangels einer für die Gebühren der Heilpraktiker geltenden normativen Regelung zu berücksichtigen, welche Aufwendungen durch die Inanspruchnahme heilpraktischer Leistungen Beamten regelmäßig entstehen. Dabei hat er auch, ähnlich wie die Gebührenordnungen für Ärzte dies vorsehen, durch Rahmenbeträge zu berücksichtigen, dass Kosten nach Art, Schwierigkeit und Intensität der Behandlung variieren können. Lassen sich brauchbare Anhaltspunkte nicht finden, wird eine Anlehnung an die ärztlichen Gebührenordnungen in Betracht zu ziehen sein. Das Berufungsgericht hat den Schwellenwert des Gebührenrahmens der Gebührenordnung für Ärzte als Obergrenze für vergleichbare Leistung der Heilpraktiker angesehen. Dieser von den Parteien nicht angegriffene Ansatz ist rechtlich nicht zu beanstanden. Angesichts der typischen Unterschiede in der Ausbildung der Ärzte und der Heilpraktiker darf sich der Vorschriftengeber an dem Leitbild orientieren, dass Aufwendungen für die Behandlung durch einen Heilpraktiker regelmäßig nicht in gleicher Höhe angemessen sind wie Aufwendungen für eine ärztliche Behandlung. Die Beklagte wird deshalb bei ihrer Neubescheidung zwar am Schwellenwert des Gebührenrahmens der Gebührenordnung für Ärzte als Obergrenze festhalten dürfen, aber den bisherigen Mindestsatz durch einen nach oben erweiterten Entgeltrahmen ersetzen müssen.


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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.


Herbert                                 Groepper                                       Thomsen


                 Dr. Burmeister                          Dr. Maidowski

 

Urteil Homöopathie: Inhaltsstoff muss in Globuli nicht nachweisbar sein

Ein Homöopathie-Hersteller darf seine „HCG C30 Globuli“ weiter verkaufen. Dass das Schwangerschaftshormon HCG nicht in den Kügelchen nachweisbar ist, heißt laut Landgericht Darmstadt nicht, dass es nicht im Mittel enthalten ist. Damit hat das Landgericht Darmstadt die Unterlassungsklage eines Vereins zurückgewiesen, dem laut Urteil beinahe alle Industrie- und Handelskammern sowie zahlreiche Apothekerkammern und Pharmaunternehmen angehören.