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Akuter Rückenschmerz mit Schweißausbrüchen

Patient:
männlich 28 Jahre

Beruf:
selbstständiger Physiotherapeut

Vorgeschichte:
Der Patient ist ein persönlicher Freund und Sportvereinskollege, der schon öfter wegen  Rückenbeschwerden (meist im thoracolumbalen Übergangsbereich) meine Hilfe in Anspruch nahm. Die Rückenbeschwerden verschwanden regelmäßig nach zwei bis drei Neuraltherapiesitzungen mit anschließender Schröpfkopfmassage. Der Patient ist starker Raucher und steht regelmäßig unter großem Leistungsdruck wegen seiner Arbeit.

Akutelle Beschwerden:
akute und sehr starke Rückenschmerzen im Bereich der Schulterblätter sowie ein nächtlicher Schweißausbruch mit Herzrasen.

Anamnese:
Der Patient wirkt sehr stark betroffen und berichtet von einem plötzlich einsetzenden starken Rückenschmerz gegen 22.00 Uhr. Nach Selbstmedikation (1 Tablette 600mg Ibuprofen) und lokaler Wärmeapplikation besserten sich die Schmerzen. Gegen 4.00 Uhr erwachte der Patient erneut, da er „klatschnass“ geschwitzt war und sein Nachthemd wechseln musste, zudem hatte er das Gefühl, „sein Herz schlage ihm bis in den Kopf“.

Daraufhin machte er sich in die Notaufnahme des örtlichen Krankenhauses auf. Die Untersuchungen ergaben keine akute Gefahr, insbesondere keine Anhalte für einen Herzinfarkt. Eine stationäre Weiterbeobachtung lehnte der Patient ab und verlies das Krankenhaus gegen 6.00.

Nun beschreibt er sehr lokal begrenzte, dumpf ziehende Schmerzen paravertebral zwischen den Schulterblättern. Die Schmerzen strahlten nicht aus und seien nicht atemabhängig, wohl aber verstärkt beim Vorbeugen des Oberkörpers. Ein erneuter Schweißausbruch stellt sich noch während der Anamnese ein, der gemessene Puls liegt bei 120/min und der Blutdruck bei 140/95. Noch während der Messungen verschwindet die Symptomatik und der Patient gibt eine deutliche Besserung an. Bei zwei weiteren Messungen normalisiert sich Blutdruck und Puls auf  70/min und 130/85. Der Patient lehnt den Gang ins Klinikum vehement ab.

Untersuchung:
Guter EZ bei eingeschränktem AZ, athletischer Körperbau, keine Narben, keine Hautrötungen oder sichtbaren Verletzungen. Die Haut ist überwärmt und sehr feucht, es finden sich paravertebral va in den Segmenten Th4-7 zahlreiche Myogelosen und ein genereller Muskelhartspan. Die Bewegungsprüfung ist unauffällig, jedoch gibt der Patient eine Schmerzverstärkung bei Flexion der BWS an, die zum sofortigen Abbruch der Bewegung und zu kurzzeitiger leichter Dyspnoe führt. Auskultation von Herz und Lunge ohne Befund, ebenfalls die Perkussion.

Keine Anzeichen für Lymphknotenschwellungen.

Verdachtsdiagnose:
Auf Grund der Anamnese, der Vorbefunde und der Untersuchung war ich nicht in der Lage eine eindeutige Diagnose zu stellen. Allerdings war ich mir ziemlich sicher, dass es sich um ein ernsthaftes Problem handeln musste, welches wohl nicht primär im Bewegungsapparat zu suchen sein würde. Da ein Myokardinfarkt glaubhaft und sicher ausgeschlossen war, vermutete ich eine pulmonale Ursache.

Verlauf:
Meine Vermutung einer internistischen Erkrankung teilte ich dem Patienten mit und empfahl ihm dringend erneut im Krankenhaus vorstellig zu werden. Zunächst verneinte er dies abermals und drängte auf die Neuraltherapie, welche ja bis dato immer Linderung gebracht hatte. Als ich ihm dies jedoch verweigerte und anbot ihn ins Krankenhaus zu begleiten willigte er schließlich ein. Dort angekommen erlitt er nach 45min im Warteraum erneut einen Schweißausbruch und wurde dann „bevorzugt“ behandelt.

Folgende Befunde wurden erhoben (auszugsweise):

  • 12-Kanal EKG: unauffälliger Sinusrhythmus, keine Infarktzeichen, Steiltyp, HF: 100

  • Blutdruck: 100/70

  • BGA: p02 erniedrigt 55mmHg

  • pCo2 erniedrigt 30mmHg

  • Labor: Blutbild oB, Kalium mäßig erhöht, LDH massiv erhöht(400), D-Dimere erhöht, Troponin I unauffällig, Leber, Nierenwerte oB.

  • Röntgen-Thorax: wurde nicht gemacht s.u.

  • CT-Thorax mit KM: Deutliche Anzeichen einer Lungenembolie rechts.

Nach 1 Woche stationärem Aufenthalt (Lyse und Heparinisierung sowie Einstellung auf Marcumar) wurde der Patient gesund entlassen, allerdings muss er nun Marcumar einnehmen, was ihn aber wenig stört. Eine Fokussuche des Thrombus blieb erfolglos. Untersuchungen auf Protein S,C-Mangel und das Anti-Phospholipid-Syndrom verliefen ebenfalls negativ. Das Rauchen hat er nicht aufgegeben.

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