Tendovaginitis stenosans
Patient: Ältere weibliche Person, 66 Jahre jung, blasse Gesichtsfarbe
Ärztliche Diagnose: Tendovaginitis stenosans Daumen links
Die Dame meldet sich bei mir telefonisch und bittet um einen Termin wegen ihres Daumens.
Da sie Krankengymnastin in Ruhestand ist, kennt sie sich ein wenig mit der Erkrankung aus. Im Internet hat sie nachgelesen und es kommen nur eine Operation oder eine homöopathische Behandlung in Frage.
Wir vereinbaren einen Termin zur Erstanamnese und ich schicke ihr vorab meine Unterlagen zum Ausfüllen zu.
3 Tage später meldet sie sich erneut, weil Sie die Kosten für die Erstanamnese zu hoch empfindet und meint, dass ich keine 2 Stunden für sie brauche, sondern wir in nur einer Stunde schon fertig sind.
Ich kann sie davon überzeugen, dass das Erstgespräch eher mehr als weniger lange dauern wird.
Gut mit alten Arztberichten, Röntgenbildern und Blutbildern ausgestattet kommt sie zum Termin.
Das Gespräch dauert 2,5 Stunden. Sie ist angenehm überrascht.
So genau ist noch niemand auf ihre Krankengeschichte eingegangen – sagt sie.
Zu dem Daumen gesellen sich noch Erkrankungen wie Schulter – Arm Syndrom ( immer mal wieder) und Husten in Form von Lungenentzündungen, Bronchitiden, häufige Erkältungen.
Körperliche Untersuchungen:
RR 120 / 80 Puls 65
BZ 118 ( Mittagessen vor gut einer Stunde)
Skleren / Konjunktiven o.B.
Die Anamnese ergibt CAUSTICUM
Meine Gründe dazu:
- Sorge um die bereits erwachsenen Kinder
- Viel Kummer mit Vorahnungen
- Tod der Mutter von vor 20 Jahren noch nicht verarbeitet – leidet sehr darunter
- Angst vor Fremden und entgegenkommenden fremden Menschen (z.B. im Wald)
- Scheidung vom Ehemann - Kinder alleine erzogen - trotz eigener Praxis und Selbständigkeit
- Hitzewallungen
- Mangel an Lebenswärme (ständig kalt)
- Schreckhaft und geräuschempfindlich
- Schulter links unter Belastung schmerzhaft
- Tendov. Stenos. Daumen li.
- Agg. Bei schönem, klarem Wetter
- Amel. Bei nassem Wetter
à Causticum C200 3 Globuli und 3 Globuli am Folgetag.
Am ersten Tag trocken unter die Zungen, am 2. Tag Globuli aufgelöst in einem Glas abgekochtem, kalten Wasser – mit Plastiklöffel verkleppern.
Hinweise auf Verzicht von Kaffee, mentholhaltiger Zahnpasta und generell mentholhaltige Dinge für die kommenden Monate.
Ca. 8 Wochen später meldet sich die Patientin und berichtet von einem seit 6 Tagen anhaltenden Reizhusten. Angefangen hat es mit Halsschmerzen und Schnupfen.
Daumen zeigt eine langsame Besserung.
à Causticum C30 an 3 aufeinanderfolgenden Tagen jeweils trocken unter die Zunge.
Knapp 3 Monate später (5 Monate nach Erstanamnese) meldet sich die Patientin und berichtet über eine 80% ige Besserung ihres Daumens, ist aber momentan wieder sehr labil wegen ihrer Kinder, die Sorgen und Kummer machen.
à Causticum C200 2x3 Globuli. Einnahme wie oben beschrieben.
Wieder 3 Monate später meldet sich die Patientin und berichtet stolz über ihren Daumen. Ich mache mit ihr einen Termin und sehe den Finger mir selbst an. Der Daumen ist wieder 100 % ig genesen.
Ebenso geht es der Schulter wieder gut. Jetzt hat sich der trockene Husten ohne Auswurf wieder eingestellt und auch der Kummer / Labilität ist hoch gekommen. Den Husten lasse ich schulmedizinisch abklären.
Da die Labilität, wie es die Patientin nennt, noch immer vorherrscht, und wahrscheinlich auch nicht wirklich weg war, verordne ich
à Causticum C1000 3 Globuli.
Die schulmedizinische Abklärung ergibt nichts. Der Husten verschwindet in kurzer Zeit. Die Labilität, so behauptet es die Patientin, sei auch auf dem Rückzug. Es gehe ihr gut. Auf mein Anraten hin, die homöopathische Behandlung weiter fortzuführen bezüglich Kummer und dem immer wiederkehrenden Husten, blockt sie ein wenig ab – „ der Daumen, die eigentliche Krankheit, sei ja wieder in Ordnung.“
Keine 3 Monate später höre ich von einer Freundin dieser Dame, dass sie nieder liegt mit schwerer Bronchitis und ein Antibiotikum nimmt.
Ab da habe ich von der Patientin nichts mehr gehört. Leider hat sie die Therapie abgebrochen. Ob es dem linken Daumen weiterhin gut geht, weiß ich nicht.
Der Patientin war das sichtbare körperliche Leiden wichtiger, als das seelische Wohlbefinden. Sie hat gemerkt und auch begriffen, dass eine klassische homöopathische Behandlung tiefer geht und nicht hinter dem Daumen aufhört. Tatsächlich war sie dazu aber nicht bereit. Wobei sicherlich auch die Kosten eine kleine Rolle spielten.